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Drei Haselnüsse für Aschenbrödel

„Alle Jahre wieder“, schneebedeckte Wiesen und Wälder, der Duft von Zimtsternen und Kerzen und…natürlich „lalalala, nanana…“ der Film und die Musik von „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“.

Eingemummelt in Decken auf dem Sofa, mit Dutt-Frisur, ungeschminkt in Wohlfühlklamotten, im Kamin knistert ein wärmendes Feuer und unsere Hände sind warm von der grossen Tasse mit heisser Schokolade, mit einem himalayamässigen Sahneschaum und vielleicht noch Marshmallows.

Was ist unsere Faszination für diesen Kult Film, zum gleichnamigen Märchen von Božena Němcová, der im November 1973 zum ersten Mal ausgestrahlt wurde? Was sagt es über uns Frauen aus und vor allem: Was können wir über die Männer lernen?

Eigentlich ist drei „Haselnüsse für Aschenbrödel“ eine leicht veränderte Form des Grimms Märchen

„Aschenputtel“. Märchenforscher haben herausgefunden, dass es fast 400 ähnliche Erzählungen gibt, auch schon in China im 9. Jahrhundert.

Die Heldin dieses Märchens ist Aschenbrödel. Sie lebt auf einem verträumten Gut in mitten von endlosen verschneiten Wiesen und Wäldern. Sie ist ein liebes Mädchen und hat einen Draht zu Tieren. Ihre Mutter stirbt früh und rät ihrer Tochter, ein guter Mensch zu sein. Als ihr Vater wieder heiratet, verändert sich die Leichtigkeit ihres Lebens. Ihre Stiefmutter und dessen Tochter Dora behandeln sie wie eine Magd. Sie nehmen ihr ihre schönen Kleider und geben ihr graue Fetzen und Holzpantoffeln. Weil das Mädchen nun in der Küche neben dem Herd schlafen muss, sind ihre Wangen und Kleider immer mit Asche beschmutzt, deswegen der Name. In Grimms Märchen geht der Vater auf Reisen, im Film stirbt auch er früh und es ist der Kutscher, der die Gutsherrin und die Mädchen fragt, was sie sich wünschen, wenn er in die nahe gelegene Stadt fährt, um Besorgungen zu machen. Schöne Kleider und Edelsteine wünschen sich die Einen, Aschenputtel hingegen wünscht sich: „Vater, das erste Reis, das Euch auf eurem Heimweg an den Hut stösst, das brecht für mich ab“. Aschenbrödel wünscht sich im Film einen Zweig mit drei Haselnüssen. Im Unterschied zu Grimms Märchen wird in Vorličeks Film mehr die rebellische, wilde Seite von Aschenputtel gezeigt, was sicher mit der Entstehungszeit des Films zu tun hat. Die 70er Jahre haben sich die Frauen langsam von vielen Fesseln befreit. Aschenbrödel wird zwar von ihrer Stiefmutter und ihrer Schwester wie eine Magd behandelt, aber andere Angestellte lieben das Mädchen und dadurch, dass man ihr das Pferd Nikolaus nicht weggenommen hat, ist sie nach der Arbeit frei und findet in der Natur ihren Ausgleich.

Die Stiefmutter und ihre Tochter verharren in alten Mustern, interessieren sich nur für schöne Kleider und Schmuck. Aschenbrödel hingegen befreit sich von ihrem harten Alltag und symbolisch vielleicht auch von alten Konventionen, indem sie wie ein Mann reitet und die Welt ausserhalb des Hofes entdeckt. Sie befreundet sich mit Tieren, erkundet den Wald und trifft so ein erstes Mal auf den Prinz. Als der König des Reiches seinen Sohn vermählen will, gibt er ein drei tägiges Fest. Die Stiefmutter versucht Aschenbrödel daran zu hindern, am Fest teilzunehmen, indem sie ihr eine unmögliche Arbeit gibt. Sie vermischt Linsen mit Mais. Doch mit der Hilfe der Tauben gelingt es Aschenbrödel rechtzeitig, die Linsen und den Mais zu sortieren. Sie öffnet die zweite Nuss und geht in einem umwerfenden Kleid zum Ball.

Gehen wir nun auf unsere Frage am Anfang ein. Die Faszination von Aschenbrödel geht sicher einmal davon aus, dass es auf einem bekannten Märchen aufbaut, mit der Moral, dass das Gute gewinnt.

Nněmcová geht aber einen Schritt weiter und gibt in ihrem Märchen dem Mädchen die Möglichkeit, sich selbst zu befreien, indem es eigene Wege sucht, um sein Glück zu finden.

Weiter leben Märchen wie diese von Archetypen. Der Psychoanalytiker Carl Gustav Jung prägte diesen Begriff. Die Archetypen beschreiben die charakterlichen Urbilder unseres menschlichen Seins. Unsere menschliche Existenz wurde über Jahrtausende durch sie geprägt und in unser kollektives

Unbewusstsein eingebrannt. Sie bestimmen unser Denken und Verhalten. Männer wollen Helden sein und Frauen von Helden gerettet werden. (Darüber wie sich diese Bilder verändern, schreibe ich in einem anderen Beitrag) Wenn der Prinz in „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ unsere erste Liebe war, entspricht das unserem Archetyp. Und wenn wir diesen Film an Weihnachten immer wieder gerne schauen, liegt das nicht nur an Kindheitserinnerungen und an dem schönen Soundtrack von Karel Svoboda, sondern an etwas in unserem Unbewusstsein, das wir nicht einmal als emanzipierte Frau ganz ablegen können.

Nun noch zur Frage, was dieses Märchen uns über Männer sagt, und wie wir „den Prinzen“ für uns finden.

Die drei Zaubernüsse sind für mich symbolisch für die Zeit, in der eine Frau einen Mann kennen lernt, an dem sie interessiert ist. Aschenbrödel reitet oft zu einer Scheune, in der die Eule Rosalie ihren einzigen Schatz bewacht: Die drei Haselnüsse in einer Schmuckschatulle, das einzige, was ihr von ihrer Mutter blieb. Diese geheimnisvolle Schatulle, die Rosalie bewacht, könnte symbolisch für unsere geheimsten Wünsche sein. Nun liegt es an uns, sie für uns zu erfüllen. Aber wie?

Die erste Nuss: Aus der ersten Nuss schält sich ein Jagdgewand mit Hütchen und Feder. Das entspricht der verspielten Wildheit, Freiheit und Entwicklung des Selbstbewusstseins von Aschenbrödel. Sie kann als Mädchen auf die Jagd gehen, auf Bäume klettern und mit der Armbrust umgehen. Als sie auf den Prinzen trifft, ist ihre Beziehung zuerst verspielt. Es geht darum, neugierig zu sein, sich zu messen, wild zu sein und sich zu necken. Ich denke, das zeigt, wie wichtig es ist, wenn zwischen Menschen die Chemie stimmt, dass sie sich in der Kennenlernphase Zeit lassen. Als sie dem Prinzen das erste Mal begegnet, versteckt sie sich noch auf einem Baum. Erst im Jagdgewand und mit der Armbrust zeigt sie sich ihm. Das könnte man so deuten, dass es für eine junge Frau besser ist, zuerst etwas für sich selbst zu erreichen, bevor sie eine feste Beziehung eingeht.

Die zweite Nuss: Ein wunderschönes Kleid für den königlichen Ball bedeutet Verführung und Vorsicht. Auf dem Ball verschleiert Aschenbrödel ihr Gesicht. Sie will dem Prinzen zwar gefallen, aber ihn noch besser kennenlernen. Für ihn ist es von Anfang an klar, dass er sie will. Sie lässt sich aber nicht einfach wählen. Sie gibt ihm drei Rätsel auf. Ob er nur an ihrer Schönheit oder an ihrem wahren ich interessiert ist, findet Aschenbrödel nur heraus, wenn er gewillt ist, ihre Rätsel zu lösen. „Die Wange mit Asche beschmutzt, aber der Schornsteinfeger ist es nicht. Ein Hütchen mit Federn, die Armbrust über die Schulter, aber ein Jäger ist es nicht. Ein silbergewirktes Kleid mit Schleppe zum Ball, aber eine Prinzessin ist es nicht, mein holder Herr. Wer ist das?“ Aschenbrödel ist ihm zweimal im Wald begegnet und am Ball. Sie will wissen, ob es ihm um dieses Mädchen geht oder nur um die schöne unbekannte Tänzerin. Da der Prinz die Rätsel nicht lösen kann, verlässt sie den Ball. Dabei verliert sie ihren rechten Schuh. Der Prinz versucht das Mädchen zu finden, dem dieser Schuh gehört. Das heisst für eine Frau, dass ein Mann aktiv sein muss, um sie zu erobern. Will er keine Rätsel lösen, nicht viel unternehmen, um sie unter vielen zu finden, ist er nicht der Richtige. Wie sagt man so schön: Eine Frau muss „Standards“ haben.

Die dritte Nuss: Ein wunderschönes Brautkleid. Handeln und Abwägen. Aschenbrödel ist eine emanzipierte Frau, sie reitet in ihrem Brautkleid auf dem Schimmel in den Hof. Das ist ihr Zeichen an ihn, dass sie IHN wählt. Als ihr der Schuh passt, versteht der Prinz die Zusammenhänge. Er erkennt SIE und kann die Rätsel lösen. Die dritte Nuss ist symbolisch dafür, dass eine Frau auch initiativ sein kann, wenn ihr ein Mann gefällt. Sie macht ihre endgültige Entscheidung aber davon abhängig, dass er sie sucht. Der Schuh ist das Symbol dafür, dass es genau SIE sein muss. Und sie hält bis am Schluss daran fest, dass er ihre Rätsel löst.

Viel Spass beim „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel Dating“.